Pragmatikerin im Ausland, ultrarechts daheim: Die zwei Gesichter der Giorgia Meloni

In der Außen- und Finanzpolitik ist die Postfaschistin klar auf Linie ihres Vorgängers. Innenpolitisch treibt sie das Land aber in die rechte Ecke. Droht Italien das nächste Ungarn zu werden?

Rom. Giorgia Meloni brüllt ins Mikrofon bis zum Übersteuern, schneidet mit dem Zeigefinger durch die Luft, reißt ihre Augen weit auf: Der Auftritt von Italiens rechter Regierungschefin Ende März wirkt wie ein Filmriss, ein Rückfall in alte Muster. Es ist der Zeitpunkt, als der 46-Jährigen vorgeworfen wird, sie habe zu wenig getan, um die Flüchtlingstragödie bei Steccato di Cutro vor der Küste Kalabriens zu verhindern. Mindestens 92 Menschen sind dort gestorben – noch immer ist unklar, warum die Küstenwache so spät vor Ort war.

„Was die Fakten von Cutro betrifft, ist mein Gewissen völlig rein“, sagt Meloni. Dann wird sie laut und ruppig, wie zu ihren Zeiten als Oppositionsführerin: „Ich hoffe, dass das Gewissen derjenigen, die den Tod armer Menschen für ihre Propaganda nutzen, ebenfalls rein ist!“

Ihre rechte Koalition applaudiert, Meloni schreit noch schriller. Es gebe keine Beweise, dass die Regierung hätte mehr tun können. Die Innenpolitik ist die weniger bekannte Seite von Giorgia Meloni, die an diesem Samstag ein halbes Jahr im Amt ist. In Europa und auch in Deutschland überwiegt bei Regierungen und Diplomaten hinter vorgehaltener Hand die Erleichterung, dass der befürchtete Bruch mit der Vorgängerregierung von Mario Draghi ausgeblieben ist.

Ob in der Außenpolitik, bei der Unterstützung der Ukraine, der Schuldendisziplin: Überall blieb Meloni auf Linie, hat teure Wahlversprechen kassiert, gibt sich moderat und gesprächsbereit. An der ein oder anderen Stelle hakt es mit Europa noch, etwa beim Umschreiben des Corona-Wiederaufbaufonds. Aber niemand spricht mehr heute etwa ernsthaft über einen Euro-Austritt Italiens.

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