Kann der HSV Abstiegskampf einfach nicht? Der Bundesliga-Dino muss nach dem 0:4 bei Hoffenheim weiter zittern. Hamburg droht nach 49 Jahren im Oberhaus der erste Abstieg der Vereinsgeschichte.
München. „Das war eine Katastrophe, das darf uns nicht passieren“, sagte Hamburgs Kapitän Heiko Westermann nach dem Spiel. „Wir müssen dieses Spiel schnell vergessen“, meinte auch Sportdirektor Frank Arnesen. „Am Samstag gegen Hannover haben wir das nächste Endspiel. Da müssen wir eine ganz andere Mannschaft sehen.“ Ankündigungen, die man in den vergangenen Wochen immer wieder hörte. Von Arnesen – und vor allem von Hamburgs Trainer Thorsten Fink.
Was hatte der neue Coach den Hamburger Fans bei seinem Antritt Mitte Oktober 2011 nicht alles versprochen: Unterhalten wollte er mit seinem Team, begeistern, offensiv spielen. „Ich weiß, was die Mannschaft zu einem gewissen Zeitpunkt braucht, das ist meine Qualität“, sagte er bei seiner Vorstellung. Große Töne – damals stand der HSV auf dem letzten Tabellenplatz. Zwar haben die Hamburger den mittlerweile verlassen, kletterten zwischenzeitlich sogar auf Platz zehn. Doch das Abstiegsgespenst geht vier Spieltage vor Saisonende wieder um in der Hansestadt. Nach der Niederlage gegen Hoffenheim haben die Rothosen weiter nur zwei Punkte Abstand auf den Relegationsplatz.
Fink will mit dem HSV eigentlich um die
Champions League mitspielen
Dabei kam Fink mit so hochtrabenden Zielen in den Norden. In der kommenden Saison wollte er schon wieder um die Qualifikation für das europäische Geschäft mitspielen. „In zwei, drei Jahren wollen wir auch die Champions League anpeilen“, sagte er noch im Januar. Doch davon sind die Hamburger meilenweit entfernt. Verdrehte Welt in Sinsheim am Mittwochabend: Die Hoffenheimer haben nach dem 4:0-Sieg (2:0) sogar wieder Chancen auf den europäischen Wettbewerb, nur vier Zähler fehlen bis zum Qualifikationsplatz für die Europa League. Hoffenhein ist dort, wo Hamburg eigentlich stehen wollte.
Kann der HSV Abstiegskampf einfach nicht? Die Fans sind einiges gewohnt aus den vergangenen Jahren. Doch so schlecht stand es um den Bundesliga-Dino schon lange nicht mehr. Hamburg ist Gründungsmitglied der Bundesliga, als einziges Team noch nie abgestiegen. Sechs Mal deutscher Meister, dreimal Pokalsieger, einmal Europapokal der Landesmeister. Doch der letzte Titel ist 26 Jahre her. Trotzdem prangt sie voller Stolz in der Hamburger Arena: eine Uhr, die jede Sekunde in der ersten Liga zählt. Seit 48 Jahren und 232 Tagen Oberklasse. Wird diese Uhr bald Geschichte sein?
Es ist gar nicht lange her, da zählte Hamburg noch zu den besten Mannschaften in Europa. 2006 wurden die Rothosen Dritter in der Liga, 2008 immerhin Vierter. 2009 spielten die Hamburger unter Trainer Martin Jol noch die beste Saison seit 26 Jahren: Halbfinale im DFB-Pokal, Halbfinale im Uefa-Cup. In beiden Turnieren schied man gegen Erzrivale Werder Bremen aus. Auch ein Jahr darauf scheiterte Hamburg in der ersten Saison der Europa League erst im Halbfinale, damals gegen den FC Fulham. Seitdem ging es stetig bergab. Trainer gingen schneller als sie kamen. Querelen in Vorstand und Aufsichtsrat sorgten für Schlagzeilen.Den neuen Trainer wollen sie in Hamburg eigentlich lange behalten. Mit dem Team Fink/Arnesen sollte endlich etwas Beständiges aufgebaut werden. Finks Vertrag läuft bis zum Sommer 2014, eine Ausstiegsklausel gibt es nicht. Doch was passiert, wenn es tatsächlich in die zweite Liga gehen sollte? Daran will in Hamburg momentan noch niemand denken.
Für Trainer Fink zählt nur das nächste Spiel. „In Hannover müssen und werden wir uns anders präsentieren“, sagte er Mittwochabend. Beim Nordderby gegen den vermeintlichen „kleinen HSV“ Hannover muss der Dino zeigen, ob er bald ausstirbt – oder die Uhr nach der Sommerpause wie gewohnt das nächste Jahr anzeigt, es wäre das 50.