Vier Jahre leitete der 47-Jährige eine Hamburger Notaufnahme – jetzt gründet er ein KI-Start-up und will das Gesundheitswesen revolutionieren. Das Handelsblatt hat den Seitenwechsler an seinem letzten Klinik-Arbeitstag begleitet.
Hamburg. Vor dem Eingang der Notfallstation stehen zwei Rettungswagen. Ein ruhiger Morgen – zu Stoßzeiten sind es schon mal zehn, dann liegen hier bis zu 50 Patienten gleichzeitig, erzählt Sebastian Casu. Der Mediziner, weiße Sneaker, weiße Hose, blaues OP-Hemd, biegt links um die Ecke, in den ersten von zwei Schockräumen. Gerade ist er leer, niemand in akuter Lebensgefahr.
Casu, 47 Jahre alt, stellt sich in eine Ecke des Raums, die wie eine Küchenzeile aussieht: gelbe Türen und Schubladen, mit großen schwarzen Buchstaben beklebt. Hier liegen Spritzen bereit, Infusionen, Schienungsmaterial.
„Hier habe ich mich immer am wohlsten gefühlt“, sagt Casu. Aus der Ecke hat er Anweisungen an sein Team gegeben, den Überblick über Anästhesisten, Chirurgen und Pfleger behalten, ist Checklisten durchgegangen. „Jede Situation ist immer wieder neu, man muss schnell reagieren.“
Aber das ist jetzt alles vorbei: Heute ist sein letzter Tag als Chefarzt der Asklepios-Klinik Hamburg-Wandsbek. Vier Jahre hat der Notfallmediziner hier gearbeitet, hat sehr viele Leben gerettet, aber auch fast täglich Menschen sterben sehen.
„Das gehört einfach dazu“, sagt Casu. „Wir brauchen aber auch die Ressourcen, um Menschen, die damit nicht alltäglich zu tun zu haben, mitzunehmen.“ Denn für die Angehörigen sei der Tod vor allem eines: die größte Ausnahmesituation ihres Lebens.
Diese Ressourcen in einem chronisch überlasteten System zu schaffen – das sieht Casu jetzt als seine neue Aufgabe. Helfen soll dabei KI. Schon Anfang 2024 hat Casu zusammen mit drei Mitstreitern ein Start-up gegründet, das Künstliche Intelligenz nutzt, um Ärztinnen und Pfleger bei der Dokumentation ihrer Arbeit zu unterstützen. Eine App soll künftig den lästigen Papierkram automatisch erledigen – und damit wieder Zeit am Patienten schaffen.
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