Vom Dschungel an den Rhein

Altstar Ailton machte zuletzt eher durch seinen Abstecher in den RTL-Dschungel Schlagzeilen. Nun heuert der 39-Jährige bei Hassia Bingen an – in der sechsten deutschen Liga.

Berlin. Nur ausgewiesene Experten werden diese Stadt bis vor kurzem mit Profifußball in Verbindung gebracht haben: Bingen am Rhein. Hier begann Jan Schlaudraff, Hannover 96, seine Karriere. Spielte sechs Jahre bei der Hassia – bis er 2002 zu Mönchengladbach wechselte.

Seit Sonntag hat die Stadt eine neue Attraktion. Nicht, dass Mäuseturm, Basilika und Hildegard die Heilige keinen Besuch wert wären. Aber seit Sonntag haben sie Ailton. Den Ailton, der einmal ein großer Spieler war. Meister und Pokalsieger mit Bremen, Bundesliga-Torschützenkönig, das war alles 2004. Danach folgte der leise Abstieg. Bei Schalke lief es noch gut, bei Besiktas Istanbul und dem HSV eher weniger.

Zuletzt spielte er für den KFC Uerdingen und den FC Oberneuland. Nach kurzen Abstechern in die zweite brasilianische Liga und ins RTL-Dschungelcamp jetzt also Hassia Bingen, sechste Liga, vergangene Saison Platz elf in der Verbandsliga Südwest.

„Ailton kann ein Vorbild für die Jugend werden“, sagte Oberbürgermeister Thomas Feser dem Tagesspiegel, „ein Motivator und Hoffnungsträger für die ganze Stadt.“ Wenn er sich mit seiner Erfahrung einbringe, den Spielern Tricks weitergebe, sei das schon ein Erfolg. „Und wer weiß, vielleicht steigen wir dank seiner Tore ja wieder in die Oberliga auf.“

Ein Jahr wird Ailton mindestens in Bingen spielen. Bei seiner offiziellen Vorstellung mit Autokorso und Cheerleadern in der Innenstadt, genoss der Brasilianer das Bad in der Menge. „Heute alles schön“, sagte Ailton auf dem Marktplatz in die Kameras und unterschrieb fleißig Autogramme für Hunderte Fans. „Besser wie früher in Bremen und Schalke.“

Die Verpflichtung des 39-Jährigen könnte Bingen nicht nur mehr Zuschauer und Sponsoren bringen – sondern den Amateursport an sich aufwerten. „Bei so viel Bundesliga und Champions League vergisst man schnell, dass die Talente auch irgendwo herkommen müssen“, sagt Bürgermeister Feser. Vereine wie Hassia würden die Jugendlichen ausbilden, „vielleicht bekommen wir das durch Ailton mehr in den Mittelpunkt gerückt.“

Bingen am Rhein: Neubaugebiete, ausgeglichener Haushalt, jetzt Ailton

Feser genießt es, dass seine Stadt mal in aller Munde ist. Neubaugebiete, ausgeglichener Haushalt, jetzt Ailton. Stolz ist er – auch auf Eugen Polanski. Der Profi von Mainz 05 lebt nämlich ebenfalls in Bingen, „mit Rheinblick“, betont Feser.

Ob sich Ailton auch solch eine exklusive Lage leisten kann? Über die finanziellen Details des Deals schweigt sich Hassia bisher aus. Nur eins ist klar: Der Verein zahlt keinen Cent, der Transfer wurde komplett von privaten Gönnern und Sponsoren bezahlt. Noch wohnt Ailton im Hotel, hat sich aber schon einige Wohnungen angeschaut. „Es wäre ein schönes Zeichen, wenn er auch zu uns zieht“, sagt Feser.

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